Vier Jahrzehnte Krieg, ausländische Besetzung und tägliche Gewalt haben in Afghanistan deutliche Spuren hinterlassen: Heimische Wirtschaft und Infrastruktur liegen am Boden, rund 1,5 Millionen Einwohner wurden getötet, mehrere Millionen vertrieben. Zurückgeblieben sind viele Witwen und Waisen, die besonders von Spenden profitieren würden. Die aktuelle politisch-militärische Situation erschwert jedoch jede Hilfe.
Seit die Taliban im August 2021 die Macht übernommen haben, ist die Lage im Land chaotischer denn je. Unter schwierigsten Bedingungen harren offenbar zahlreiche Hilfsorganisationen in Afghanistan aus. Inwiefern die neuen Machthaber zur Kooperation willens sind, wird sich zeigen. Es ist zu befürchten, dass sich vor allem die Lage der Mädchen, Frauen und vieler Minderheiten deutlich verschärfen wird.
Armes Afghanistan
Das landwirtschaftlich geprägte Afghanistan zählt es zu den ärmsten und am wenigsten entwickelten Staaten der Welt. Eine gute Ernährung und medizinische Betreuung sind für viele Einwohner ein Luxus. Gerade in den äußerst bergigen Landesteilen ist die Versorgung der Bevölkerung auch ein logistisches und infrastrukturelles Problem. Viele Straßen sind zerstört oder in einem sehr schlechten Zustand. Hier sind – trotz und gerade wegen der aktuellen Verschärfung – dringend Spenden und internationale Hilfen gefordert.
Außerdem versuchen viele Menschen der ausweglos scheinenden Lage zu entkommen, indem sie nach Europa fliehen. Seit 2015 hat die Zahl der Afghanen, die in Deutschland Asyl beantragen, stark zugenommen und liegt seitdem jedes Jahr im sechsstelligen Bereich.
Afghanistan im Würgegriff des Krieges
Mit Spenden alleine ist den Menschen zwischen Persien und Hindukusch nicht zu helfen. Eine Bereinigung der gröbsten politischen Turbulenzen – im Fadenkreuz von islamischen Milizen, Terroristen und Stellvertreterarmeen – wäre die Voraussetzung für eine bessere wirtschaftliche Entwicklung. Leise Hoffnungen nährte ein Friedensabkommen, das die USA und die Taliban im Februar 2020 geschlossen hatten. Die jüngsten Entwicklungen haben diese Hoffnungen im Keim erstickt.
Schon im Jahr 2014 war die ISAF-Militärmission ausgelaufen, an der sich über 40 Nationen beteiligt hatten, darunter auch mehrere Tausend deutsche Soldaten. Die versuchte „Friedenserzwingung“ war unter dem Strich allenfalls in Ansätzen erfolgreich – und gleicht damit der Bilanz vieler ähnlicher Militäroperationen überall auf der Welt. Seit 2015 lief (ebenfalls mit deutscher Beteiligung) die Mission „Resolute Support“, die der Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte dienen sollte.
Afghanistan-Karte:
Frauen sind benachteiligt
Besonders dramatisch ist die Situation der Mädchen und Frauen: Unter der früheren (und jetzt wieder erstarkten) islamistischen Taliban-Regierung waren ihnen Schulbesuch und Berufstätigkeit untersagt. Diesem Erbe ist es zu „verdanken“, dass heute über 70 Prozent aller afghanischen Frauen weder lesen noch schreiben können. Bei den Männern beträgt die Analphabetenrate immerhin noch knapp 50 Prozent. Die Mehrheit der afghanischen Bevölkerung ist somit von höher qualifizierten Jobs, die ein befriedigendes Einkommen bieten, ausgeschlossen. In den vergangenen Jahren ist die Schulbesuchsquote glücklicherweise angestiegen.
Das Land Afghanistan
Afghanistan ist ein asiatischer Binnenstaat, der an China, Iran und die drei sowjetischen Nachfolgestaaten Tadschikistan, Usbekistan und Turkmenistan grenzt. Das Land wird durch Hochgebirge geprägt, allen voran vom mehr als 7000 Meter hohen Hindukusch. Die Hauptstadt Kabul liegt auf etwa 1800 Metern Höhe, besitzt fast vier Millionen Einwohner und zählt zu den am schnellsten wachsenden Großstädten der Welt.
Die Lebensgrundlage der meisten Menschen liegt in der Landwirtschaft, die allerdings mit schwierigen klimatischen Bedingungen (zum Beispiel Dürren) zurechtkommen muss. Daher scheint manchen Grundbesitzern der Anbau von Opium lukrativer. Afghanistan gilt als größter Opiumproduzent der Welt und liefert somit den Basis für die gefürchtete Droge Heroin.
Die etwa 35 Millionen Einwohner Afghanistans sind vorwiegend muslimischen Glaubens. Gut 40 Prozent gehören zur Volksgruppe der Paschtunen. Hinzu kommen Tadschiken, Hazara, Usbeken und zahlreiche kleine Minderheiten. Diese ethnische Vielfalt erzeugt Bruchlinien innerhalb der Gesellschaft. Die Talibanbewegung ist keine eigenständige religiöse oder ethnische Gruppe, sondern eine vorwiegend in der paschtunischen Bevölkerungsmehrheit verankerte Miliz.
Unsere Bewertung – Spenden-Bedarf in Afghanistan: hoch
Wo spenden?
Folgende Spendenorganisationen arbeiten schwerpunktmäßig in Afghanistan:
- Ansaar International
- Afghanischer Frauenverein
- Kinderhilfe Afghanistan
(Auswahl ohne Gewähr)
Der Spenden-Ratgeber fairhelfen.de behandelt auch den afghanischen Nachbarstaat Pakistan. Schon zehn oder 20 Euro sind eine Hilfe für die Menschen vor Ort.