Eine Hungerhilfe hat zwei Seiten: zum einen die Krisenintervention bei Dürren und anderen Hungerkatastrophen, zum anderen die vorausschauende Ernährungssicherung.

Blick in die Statistik

Nach groben Schätzungen der Vereinten Nationen litten im Jahr 2021 weltweit etwa 810 Millionen Menschen an Hunger. Über die Hälfte von ihnen lebt in Asien, gut ein Viertel in Afrika. Nach den aktuellen Statistiken hat sich die Lage in den vergangenen Jahren etwas verbessert und die Gesamtzahl der Hungernden ist um rund 100 Millionen zurückgegangen. Dennoch liegt das erklärte Ziel der Vereinten Nationen, den Hunger bis zum Jahr 2030 weltweit zu eliminieren, noch in weiter Ferne. Die Coronakrise und der Ukrainekrieg 2022 haben die Lage in vielen armen Ländern erneut verschärft.

Einen guten Überblick vermittelt der sogenannte Welthungerindex, dessen Daten die Welthungerhilfe unter der Internetadresse globalhungerindex.de zusammengefasst hat. In globalem Maßstab lag der jährlich erhobene Indexwert in den 1990er-Jahren über 30 und ist in jüngerer Vergangenheit unter 20 gefallen. Dabei setzt sich der Index zusammen aus den Kriterien Unterernährung, Auszehrung bei Kindern, Wachstumsverzögerung und Kindersterblichkeit. Übersetzt bedeutet das im Groben: gut jeder fünfte Mensch muss hungern.

Selbst in den Industrienationen sind die ärmsten Bevölkerungsschichten teilweise von Hunger betroffen. Jährlich verhungern auf der Erde etwa neun Millionen Menschen, über die Hälfte davon sind Kinder. Diese Zahl variiert von Jahr zu Jahr stark, in Abhängigkeit von Zahl und Ausmaß aktueller Hungersnöte.

Hunger in Afrika und Asien

Wie seit Jahrzehnten ist die Verteilung der klassischen Hungerregionen auf dem Globus weitgehend konstant. Besonders betroffen sind Afrika und Südasien. Sehr problematisch ist die Situation auch in Kriegsgebieten wie Syrien, Sudan und Südsudan. In diesen Staaten lässt sich die konkrete Ernährungslage kaum statistisch ermitteln – zu unsicher ist die Lage in den Ländern, als dass eine verlässliche Untersuchung möglich wäre.

Absolutes Schlusslicht unter denjenigen Staaten, bei denen eine Quantifizierung des Hungers (halbwegs) möglich scheint, ist die Somalia. In diesem von einem Bürgerkrieg zerfressenen Land wird der Hunger laut Index als „gravierend“ qualifiziert, da dort 50,8 Prozent aller Einwohner unterernährt sind. Keinen weiteren Staat haben die Untersucher in die Kategorie „gravierend“ einsortiert, was wohl als gute Nachricht gelten muss… Auf den hintersten Plätzen der Weltgemeinschaft rangieren Syrien, Jemen (Index 45,1) sowie etliche afrikanische Staaten wie Zentralafrikanische Republik (43,0), Tschad (39,6), Dem. Republik Kongo (39,0) und Madagaskar (36,3).

Regional Halbierung des Hungers

Dass trotz globaler Ungerechtigkeiten und Klimawandel durchaus Fortschritte möglich sind, zeigen Länder wie Aserbaidschan, Peru, China und Brasilien, die den Hunger besonders stark zurückdrängen konnten. In zwei Dutzend Staaten hat sich der Hunger-Index zwischen den Jahren 2000 und 2020 mindestens halbiert. Selbst Ruanda, Angola und Äthiopien können deutliche Fortschritte melden – wenngleich auf einem weiterhin unerträglich hohen Niveau.

Hilfsmöglichkeiten

Eine primäre Aufgabe der Hungerhilfe besteht darin, ausreichend Nahrungsmittel und Trinkwasser zu den Hungernden zu bringen. Dies beinhaltet die Beschaffung der Lebensmittel und ihren Transport. Da viele Hungergebiete der Welt sehr abgelegen sind und über eine mangelhafte Verkehrsinfrastruktur verfügen, ist die Beförderung ein große logistische Aufgabe. Häufig ist eine Versorgung der Bevölkerung nur aus der Luft möglich.

Eine nachhaltige Hungerhilfe beschränkt sich nicht auf eine Krisenbewältigung, sondern versucht außerdem die einheimische Bevölkerung in die Lage zu versetzen, künftige Nahrungskrisen zu vermeiden. Aufgaben sind hier zum Beispiel die Verbesserung von Anbaumethoden, die Einführung ertragreicheren Saatguts, die Anlage neuer Brunnen und die Weiterbildung der Landbevölkerung. Etwa 70 Prozent der hungernden Menschen leben auf dem Lande, weitere 20 Prozent in den Slums der Großstädte.

Eine wichtige Ursache für den Hunger kann die klassische Hungerhilfe nicht beseitigen: Viele Menschen in Stadt und Land sind einfach zu arm, um die eigentlich vorhandenen Nahrungsmittel zu kaufen. Hier sind zusätzliche Maßnahmen und Hilfsprojekte gefordert.

MUAC-Band

Wer Fernsehberichte von hungernden Kindern gesehen hat, dem ist vielleicht ein buntes Armband aufgefallen, das Helfer um dürre Kinderarme legen. Dieses sogenannte MUAC-Band hat einen sehr ernsten Hintergrund: Es signalisiert in einem Farbfeld, ob ein Kind sofortige medizinische Hilfe braucht – oder ab der Ernährungszustand noch tolerabel ist. So funktioniert es:

MUAC ist die englische Abkürzung für „Mid-Upper Arm Circumference“ und gibt einen direkten Hinweis auf die Verwendung des Kunststoffbandes. Das MUAC-Band wird um die Mitte des Oberarms gelegt, etwa dort wo der Bizeps-Muskel sitzt. Das Ende des Bandes wird durch einen Schlitz geführt und vorsichtig festgezogen. Dann lässt sich der Armumfang unmittelbar ablesen. Erstaunlicherweise ist dieser Schnelltest für Kinder von etwa sechs Monaten bis fünf Lebensjahren aussagekräftig. Der Test wird vor allem dann eingesetzt, wenn sich Ärzte (und medizinisch weniger geschulte Nothelfer) einen Überblick über die Ernährungslage vieler Menschen verschaffen müssen.

Rote Zone: 11,5 Zentimeter oder weniger – schwere, potenziell lebensbedrohliche Mangelernährung
Orange Zone: 11,5 bis 12,5 Zentimeter – mäßige Mangelernährung
Gelbe Zone: 12,5 bis 13,5 Zentimeter – drohende Mangelernährung
Grüne Zone: über 13,5 Zentimeter – normaler Zustand

MUAC-Band - Quelle: Aktion Deutschland Hilft
MUAC-Band – Quelle: Aktion Deutschland Hilft
Hungerhilfe international