Einführung: Spenden zur Armutsbekämpfung und bei Katastrophen

Der asiatische Staat Indien ist zu Recht eines der klassischen Ziele deutscher Entwicklungs- und Spendenpolitik. Das aktuelle Coronavirus und seine Folgen ist nur ein einzelner von vielen problematischen Aspekten. Obgleich die Bekämpfung des Hungers in Indien in den vergangenen Jahrzehnten deutliche Fortschritte gemacht hat, haben die über eine Milliarde Menschen des „Subkontinents“ noch immer mit vielen Problemen zu kämpfen.

Nach Schätzungen ist rund ein Viertel der schnell wachsenden Bevölkerung unter- oder fehlernährt. Vor allem auf dem Land, aber auch in den Slums der Mega-Städte wie Kalkutta und Bombay (Mumbai), sind viele Einwohner zu arm, um sich gesunde und ausreichende Nahrungsmittel kaufen zu können. Straßenkinder und Kinderarbeit sind nur zwei der häufigen Folgen. Verschärft wird die Lage, wenn einmal die Monsun-Regenfälle zu spärlich ausfallen – oder wenn zu viel Regen fällt und zu Überschwemmungen führt.

Im Jahr 2016 herrschte in vielen Landesteilen eine fast beispiellose Dürreperiode. Für viele Bauern und Viehzüchter war die Lage mehr als kritisch. Die indische Regierung ließ Trinkwasser per Zug in die Dürreregionen bringen. Mehr als 300 Millionen Menschen waren von der Krise betroffen, vor allem im Bundesstaat Maharashtra mit der Metropole Mumbai. Gründe für solche Notlagen sind nicht nur ausbleibende Niederschläge, sondern auch der weit verbreitete, bewässerungsintensive Zuckerrohranbau, der die Grundwasserspiegel sinken lässt.

Spenden gegen Armut und Ungleichheit in Indien

Das Kernproblem von Elend und Ausweglosigkeit ist weltweit überall ähnlich – und lautet „Armut“. Auch in Indien sind die (finanziellen) Ressourcen sehr ungleich verteilt. Wer nicht an dem – durchaus vorhandenen – nationalen Wohlstand teilhaben kann, besitzt nur geringe Chancen auf ein menschenwürdiges Leben, so wie wir es definieren würden. Dabei kommt ein Problem selten allein: Wer arm ist, hat in der Regel weniger Zugang zu höherer Bildung und zu guter Gesundheitsversorgung – und litt auch unter der Coronakrise am stärksten. Nach internationalen Maßstäben gelten über 900 Millionen Inder als arm.

Karte von Indien
Landkarte von Indien und Südasien – © OpenStreetMap-Mitwirkende Lizenz

Ungleiches Einkommen in Indien

Vor allem in zwei Gruppen, die eng miteinander verknüpft sind, ist Armut ein Massenphänomen: zum einen bei der Landbevölkerung, die zwei Drittel aller Einwohner ausmacht, zum anderen in den Slums indischer Metropolen. Wenn Menschen von ihrem Dorf, das ihnen kein ausreichendes Auskommen bieten kann, in die Städte abwandern, landen sie sehr häufig in den ausufernden Elendsvierteln. Nur einer Minderheit gelingt es durch diese „Landflucht“ auch der Armut zu entkommen.

Es gibt viele Zahlenspiele, die die Ungleichheit der indischen Gesellschaft ausdrücken. In der Tat ist es bemerkenswert, dass in Indien weit über 750.000 Millionäre leben, während das Land gleichzeitig einen Wert von etwa 27 im Welthunger-Index erreicht (Stand 2020). Die rechnerisch ermittelte Zahl 27 bedeutet, dass die Lage in Indien „ernst“ ist, und kaum besser als in Afghanistan und vielen Teilen Zentralafrikas. Zwar ist der Hungertod in Indien glücklicherweise nicht alltäglich, aber Unter- und Mangelernährung treffen rund ein Viertel der Einwohner. Das Resultat ist eine hohe Kindersterblichkeit, die etwa zehnmal so hoch ist wie in Deutschland.

Das über viele Jahre rekordverdächtig hohe indische Wirtschaftswachstum ist bei den armen Bevölkerungsschichten kaum bis gar nicht angekommen. In mancher Hinsicht hat sich die Schere zwischen Arm und Reich noch weiter geöffnet. Viele Kleinbauern sind überschuldet, besitzen zu kleine Parzellen und leiden unter sinkenden Absatzpreisen. Obwohl sie selbst die Nahrungsmittel für das Riesenreich produzieren, können sie ihre Familien kaum ernähren. Denn Armut erzeugt Hunger.

Faktoren der Ungleichheit

Ob jemand in Indien arm oder reich ist, hungrig oder satt, hängt stark von der Gruppenzugehörigkeit ab. Neben Land- und Slumbewohnern haben es Kinder, Frauen und angehörige „niederer“ Kasten besonders schwer.

Wenn Kinder die ersten schwierigen Lebensjahre gut überstehen, erwartet sie oftmals keine Schulbildung, sondern Kinderarbeit, zum Beispiel auf den Feldern der Familie oder in der Fabrik. Im Ergebnis sind rund 25 Prozent aller erwachsenen Inder Analphabeten. Allerdings können – und das führt nahtlos zum zweiten Themenkomplex – immerhin über 80 Prozent der Männer Lesen und Schreiben, aber nur etwa 65 Prozent der Frauen. Die Ungleichbehandlung der Geschlechter zeigt sich besonders krass darin, dass Indien einen deutlichen Männerüberschuss aufweist, weil weibliche Föten häufiger abgetrieben werden.

Auch über das indische Kastenwesen ist viel geschrieben worden. Traditionell ist die hinduistische Mehrheitsgesellschaft Indiens in mehr als 2000 „Kasten“ eingeteilt, die die soziale Stellung jedes Menschen vom Leben bis zum Tod definieren wollen. Zwar hat der indische Staat Benachteiligungen aufgrund von Kastenzugehörigkeiten schon vor Jahrzehnten verboten, dennoch spielt dieses Kriterium noch immer eine (regional variierende) Rolle, wenn es um die Lebenschancen von Menschen geht. Problematisch erscheint insbesondere die kastenlose, auch als „Unberührbare“ übersetzte Gruppe der Paria/Dalit. Obgleich hier westlich geprägte Typisierungen an ihre Grenzen stoßen, bilden die Paria de facto einen erheblichen Teil der indischen Unterschicht.

Spenden gegen die Armut

Sind Spenden ein plausibler Weg, diesen fatalen Bedingungen zu entkommen und die Lebenschancen von Menschen zu verbessern? Angesichts des massenhaften Elends wäre vergleichsweise wenig gewonnen (um es plakativ zu formulieren), einzelnen Bauern ein Bündel Rupien oder US-Dollar in die Hand zu drücken. Sowohl in der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit (die früher „Entwicklungshilfe“ hieß) als auch in der modernen Arbeitspraxis von Spendenorganisationen steht das Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“ im Zentrum. Zudem sollen eingesetzte Geldmittel möglichst Multiplikatoreffekte erzielen. Vereinfacht ausgedrückt: Gebt nicht der Bauernfamilie ein Geldbündel, sondern baut mit indischen Arbeitskräften eine Schule, in der indische Lehrer dafür sorgen, dass indische Kinder eine bessere Bildungschance bekommen und irgendwann ein befriedigendes Einkommen für sich und ihre Angehörigen erziehen.

Zyklon
Zyklon über dem Golf von Bengalen (1999) – Quelle: gemeinfrei

Spenden bei Katastrophen: Überschwemmungen und Wirbelstürme

Die größten Naturgefahren in Indien hängen ursächlich mit dem komplexen Wettersystem zusammen, das Monsun genannt wird. Der jahreszeitliche Verlauf und die geographische Position dieser Luftzirkulation entscheidet im Wesentlichen darüber, wo, wann und in welcher Intensität es in Indien bzw. Südostasien regnet. Nimmt der Monsun den gewünschten Verlauf, werden die Ernten gut – verschiebt sich die Zirkulation in der einen oder anderen Weise, drohen Überschwemmungen oder auch Dürren.

Was ist der Monsun?

Der Monsunwind über Indien entsteht, wenn sich die Luft im Sommer über der Landmasse sehr stark aufheizt. Die heiße und somit leichte Luft steigt nach oben, sodass gleichzeitig in Bodennähe neue Luft nachströmen kann. Da die nachströmende Luft vom Indischen Ozean kommt, bringt sie deutlich mehr Feuchtigkeit mit. Diese feuchte Luft beginnt zu zirkulieren, steigt an Gebirgen auf und regnet dort ab. Spätestens im Vorfeld des Himalayas setzt der bekannte „Monsunregen“ ein. In der Regenzeit zwischen April und Oktober können mehrere Tausend Liter Regen pro Quadratmeter fallen – das ist ein Vielfaches der in Deutschland üblichen Menge.

Zu viel Regen (oder zu wenig)

Das Monsun-Windsystem, das zu den so genannten Passatwinden zählt, ist von vielen Klimafaktoren abhängig. Wichtig ist vor allem die großräumige Verteilung von warmen und kalten Wassermassen in den Ozeanen. Bei Klimaphänomenen wie El Niño oder La Niña verändern sich die Temperaturverhältnisse und stören indirekt den normalen Ablauf des Monsuns. Als Folge kann der Regen stärker ausfallen als gewöhnlich – oder ganz ausbleiben. Es kommt zu Überschwemmungen oder Dürren.

Die Bevölkerung Indiens ist an diesen (für uns Europäer) dramatisch erscheinenden Wechsel der Jahreszeiten angepasst. In gewissem Umfang sind Überschwemmungen unvermeidlich, bringen der Landwirtschaft die dringend benötigten Niederschläge und gehören zum gewohnten Bild selbst in indischen Großstädten. Aber wenn der Regen gar nicht aufhören will, kann die Situation eskalieren: Die Menschen verlieren ihre Häuser, ihre Ernte – und im schlimmsten Fall ihr Leben. Dann werden Spenden besonders dringend benötigt.

Warum entstehen Wirbelstürme?

Wirbelstürme werden durch einen ganz ähnlichen Mechanismus in Gang gesetzt wie der Monsun – und beide Wetterphänomene fallen fast in die selbe Jahreszeit. Sie entstehen aber nicht über Landmassen, sondern über dem Meer. Die über dem Indischen Ozean auftretenden Wirbelstürme tragen die regionale Bezeichnung „Zyklon“.

Kennzeichnend für Zyklone – wie für alle Wirbelstürme – ist eine Drehrichtung, die durch die Erdrotation ausgelöst wird. Während im „Auge“ des Sturm Windstille herrscht, können in anderen Bereichen extreme Windgeschwindigkeiten weit über 200 Stundenkilometer erreicht werden. Trifft ein solcher Sturm auf Land, schwächt er sich in der Regel ab, kann aber trotzdem ein erhebliches Zerstörungspotenzial behalten.

Infolge der globalen Klimaerwärmung steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Ozeane stellenweise stark aufheizen. Je wärmer das Wasser ist, desto mehr Energie wird dem Zyklon zugeführt – und desto verheerender kann seine Auswirkung für die Menschen sein. Auf diese Weise verschärft der Klimawandel die Lebensbedingungen auch auf dem Indischen Subkontinent. Ein Zyklon namens „Amphan“ erreichte im Mai 2020 Windgeschwindigkeiten von 270 Stundenkilometern und verursachte Schäden in Höhe von geschätzten 13,7 Milliarden US-Dollar. Der Zyklon „Nargis“ forderte 2008 im indischen Nachbarland Myanmar 130.000 Todesopfer. Schuld an dieser katastrophalen Opferzahl waren vor allem die Überschwemmungen, die der Wirbelsturm in einer Flussmündung anrichtete.

Flagge Indien
Flagge von Indien

Katastrophen und Spenden-Anlässe vergangener Jahrzehnte

  • 3. Dezember 1984: In der Millionenstadt Bhopal ereignet sich das wahrscheinlich schwerste Chemieunglück der Menschheitsgeschichte. Aufgrund menschlichen Versagens treten aus einem Pestizidwerk (Union Carbide) mehrere Tonnen des Stoffes Methylisocyanat aus. Viele Tausend Menschen sterben an Verätzungen und Organschäden, nachdem sie Kontakt mit der Gaswolke hatten, Hunderttausende leiden noch immer an der Spätfolgen und wurden nicht ausreichend finanziell entschädigt.
  • 26. Januar 2001: Als in der Nähe von Bhuj (im westindischen Bundesstaat Gujarat) die Erde bebt, sterben etwa 20.000 Menschen. Die offiziellen und inoffiziellen Opferzahlen weichen stark voneinander ab. Außerdem werden in der Stadt viele touristische Sehenswürdigkeiten in Mitleidenschaft gezogen.
  • 26. Dezember 2004: Im Indischen Ozean liegt das Epizentrum eines der folgenreichsten Erdbeben überhaupt. Ein verheerender Tsunami überschwemmt viele Küstenregionen und bringt rund 230.000 Menschen den Tod. Spenden und andere Hilfsangebote kommen aus aller Welt. Die meisten Opfer der Katastrophe sind in Indonesien zu beklagen. Aber auch an den indischen Küsten sowie auf den Inseln sterben etwa 15.000 Einwohner (nach anderen Angaben 8000).
  • 2016: Indien erlebt die schwerste Dürreperiode seit Jahrzehnten. Monatelang bleibt der Regen aus – und das bei Temperaturen über 40 Grad im Schatten. Über 300 Millionen Menschen sind von der Hitzewelle betroffen. Das Schlimmste sind die Ernteausfälle, die die Existenz der Bauern bedrohen. (siehe oben)
  • August/September 2017: Die Monsunregenfälle fallen in Indien und anderen asiatischen Staaten ungewöhnlich intensiv aus. In den Überschwemmungsgebieten sterben Menschen und Ernten werden vernichtet.
  • August 2018: Jahrhundertflut im Bundesstaat Kerala.
  • Mai 2020: Der Zyklon „Amphan“ richtet Verwüstungen an. Hilfsorganisationen rufen zu Spenden auf.

Eckdaten für Spender: Indien in Zahlen

Im Folgenden haben wir für Sie wichtige statistische Eckdaten zusammengestellt. Sie reflektieren auch, soweit dies möglich ist, die ökonomische und soziale Lage innerhalb des Landes. Allerdings sind viele Zahlen mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. So lassen sich beispielsweise die Einwohnerzahlen der dynamisch wachsenden Städte nur schätzen. Auch die offizielle Arbeitslosenrate von 8,5 Prozent ist mit großer Skepsis zu betrachten. Als Datenbasis diente in vielen Fällen das besonders verlässliche CIA World Factbook.

Fläche: 3.287.263 Quadratkilometer (Nummer 7 weltweit)

Ausgewählte Flüsse:

  • Ganges, 2620 Kilometer (auch in Bangladesch)
  • Brahmaputra, 3100 Kilometer (auch in China und Bangladesch)
  • Godavari, 1465 Kilometer
  • Narmada, 1312 Kilometer
  • Krishna, 1291 Kilometer
  • Mahanadi, 851 Kilometer
  • Kaveri, 800 Kilometer
  • Tapti, 724 Kilometer

Größte Bundesstaaten nach Fläche (in Quadratkilometern):

  • Rajasthan 342.239
  • Madhya Pradesh 308.352
  • Maharashtra 307.713
  • Uttar Pradesh 240.928
  • Gujarat 196.244
  • Karnataka 191.791

Größte Städte (Agglomeration):

  • Mumbai (ehemals Bombay) 28,9 Millionen
  • Delhi 16,8 Millionen
  • Kalkutta 14,1 Millionen
  • Chennai 8,7 Millionen
  • Bengaluru 8,5 Millionen
  • Hyderabad 7,7 Millionen
  • Ahmedabad 6,4 Millionen
  • Pune 5,0 Millionen

Landnutzung: 60,5 Prozent Ackerland, 23,1 Prozent Wald
Bevölkerung: etwa 1,38 Milliarden (Nummer 2 weltweit, nach China)
Städtische Bevölkerung: 35,4 Prozent – stark zunehmend
Altersstruktur: bis 14 Jahre (Kinder) 26,3 Prozent, über 64 Jahre (Senioren) 6,7 Prozent
Bevölkerungsdichte: 407 Einwohner pro Quadratkilometer

Religionen:

  • Hindus 79,8 Prozent
  • Muslime 14,2 Prozent
  • Christen 2,3 Prozent
  • Sikhs 1,7 Prozent

Lebenserwartung: 70 Jahre
Jährliche Bevölkerungszunahme: 1,0 Prozent
Säuglingssterblichkeit: 29 Kinder auf 1000 Geburten
Ärzte pro 1000 Einwohner: 0,86
Zugang zu sauberem Trinkwasser: 96 Prozent der Bevölkerung
Analphabetenrate: 26 Prozent
Bruttoinlandsprodukt nach Kaufkraftparität: 9542 Milliarden US-Dollar
Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner nach Kaufkraftparität: 6977 US-Dollar (Nummer 131 weltweit)
Wirtschaftswachstum: ca. 5 Prozent jährlich

Beschäftigte nach Wirtschaftssektoren:

  • Landwirtschaft 47 Prozent
  • Industrie 22 Prozent
  • Dienstleistungen 31 Prozent

Arbeitslosigkeit: mindestens 8,5 Prozent

Gangesdelta
Gangesdelta mit Indien und Bangladesch – Quelle: NASA/gemeinfrei

Geografischer Überblick: indischer Subkontinent

Indien ist so groß, so vielfältig und zugleich so einmalig, dass es manchmal auch als „Subkontinent“ bezeichnet wird, was weder ganz falsch noch ganz richtig ist, wie wir unten erklären. Blickt man auf die Landkarte, fällt Indiens besondere geographische Lage ins Auge: Wie ein gigantisches Dreieck teilt es den Indischen Ozean in zwei Nebenmeere – das Arabische Meer im Westen und den Golf von Bengalen im Osten. In den vergangenen Jahrhunderten brachte diese Lage an den wichtigen Seehandelsrouten einige strategische Vorteile mit sich. So wertvoll war das Land für die Kolonialmacht Großbritannien, dass Indien erst 1947 in die Unabhängigkeit entlassen wurde.

Der eigentliche Grund, warum vom Indischen Subkontinent gesprochen wird, liegt tief in der Erdkruste verborgen und bereitet den Bewohnern Südasiens eher Sorgen als Freude: Der Subkontinent ist eine riesige Landmasse, die vor Millionen von Jahren noch als Insel von Meer umgeben war, seither aber unablässig nach Norden gewandert ist. Schließlich traf die Indische Erdplatte auf die viel größere Eurasische Kontinentalplatte und warf in dieser Kontaktzone das höchste Gebirge der Welt, das Himalaya, auf. Die unterirdischen Spannungen in dieser Region sind so gewaltig, dass kräftige Erdbeben die Folge sind, von denen Indien, aber noch stärker Nepal und Afghanistan betroffen sind. Derartige Katastrophen lassen sich nur mit Hilfe von Spenden bewältigen.

Zu dem Indischen Subkontinent zählen nach dieser Definition auch Nepal, Bangladesch, Sri Lanka und Teile Pakistans. Oft wird der Begriff aber ganz einfach als Synonym für Indien gebraucht

Der Dekkan

Die bei Weitem größte landschaftliche Formation innerhalb Indiens ist der Dekkan. Er prägt fast die gesamte Mitte und den Süden des Landes, etwa südlich des 25. Breitengrads, und unterteilt sich in ein südlich gelegenes Plateau und einen stärker gegliederten Norden. Große Teile des Dekkans liegen in mehr als 500 Meter Höhe und sind mit fruchtbaren Böden bedeckt, die die Landwirtschaft begünstigen.

Auch hier ist die Landschaft aus geologischer Sicht höchst spannend: Der Dekkan ist großflächig mit einer mächtigen vulkanischen Gesteinsschicht bedeckt. Entstanden ist diese Basaltdecke vor etwa 66 Millionen Jahren und könnte nach Ansicht mancher Forscher am Aussterben des Dinosaurier mitgewirkt haben. Die seinerzeit ausgestoßenen Massen an dünnflüssiger Lava und Asche müssen auf jeden Fall gigantisch gewesen sein.

Die Gangesebene

Die fruchtbarsten indischen Regionen liegen im Norden und Nordosten des Landes. Dort haben der Ganges und seine Nebenflüsse eine breite Schwemmlandebene aufgespült. In dieser Ebene liegen wichtige Zentren des indischen Reisanbaus, und die Siedlungsdichte ist besonders hoch. Indien ist die zweitgrößte Reisanbau-Nation der Welt und wird nur noch von China übertroffen. Der weitaus größte Anteil davon wird im Land selbst verbraucht und dient der Bevölkerung als bezahlbares Grundnahrungsmittel. Allerdings ist über die Hälfte der indischen Anbaufläche nicht von der Flussbewässerung, sondern vom Regenfeldbau abhängig, für den wiederum der jährlich wiederkehrende Monsunregen entscheidend ist.

Im Nordosten bilden Ganges, Brahmaputra und andere Flüsse das so genannte Gangesdelta. Dieses größte Flussdelta der Welt befindet sich allerdings zum größeren Teil im Nachbarland Bangladesch.

Gebirge und Wüste

Im Norden und Nordwesten steigt der Indische Subkontinent bis in Höhen über 8000 Meter auf. Hier verläuft die Bergkette des Himalaya und seiner Ausläufer. Nicht nur landschaftlich herausragend, sondern vor allem auch politisch brisant ist der Kaschmir im Nordwesten. Dieses schwer zugängliche Bergterritorium wird zugleich von Indien, Pakistan und China beansprucht.

Weniger bekannt ist, dass Indien nicht nur fruchtbare Zonen kennt, sondern auch eine ausgedehnte Wüste. Die Wüste Thar erstreckt sich vorwiegend im Bundesstaat Rajasthan und trägt im westlich angrenzenden Pakistan den Namen Cholistan. Insgesamt misst die Thar mehr als 250.000 Quadratkilometer und ist weitgehend vegetationslos. Die traditionelle nomadische Viehzucht wurde in jüngerer Zeit ergänzt durch eine landwirtschaftliche Nutzung in speziellen Bewässerungsgebieten.

Die Inseln

Die größte Insel vor der indischen Küste ist, bildet den eigenständigen Staat Sri Lanka – sehr zum Leidwesen der dortigen Separatisten. Zum indischen Territorium zählen dagegen die Inselgruppen der Lakkadiven (im Arabischen Meer) sowie die Andamanen und Nikobaren im Golf von Bengalen. Die Andamanen sind teilweise touristisch erschlossen, werden aber auch von indigener Bevölkerung bewohnt. In den Medien erlangten vor allem die Sentinelesen eine gewisse Berühmtheit, weil diese Gruppe jeden Kontakt zur „Außenwelt“ ablehnt und Eindringlinge mit Gewalt vertreibt.

Bedrohte Naturräume

Die hohe Besiedlungsdichte Indiens führt insgesamt dazu, dass sich die Lebensräume von Menschen und seltenen Tierarten zunehmend überschneiden – oft mit fatalen Folgen für die Rückzugsräume der Tiere. Zu den bedrohten Arten zählen beispielsweise Tiger, indischer Löwe, Leopard, Gangesgavial und Panzernashorn. Berühmt ist unter anderem der Gir-Nationalpark im Bundesstaat Gujarat, in dem die letzte asiatische Löwenpopulation lebt.

Taj Mahal
Taj Mahal zum 1890 – Quelle: gemeinfrei

Indiens Geschichte und Gegenwart

Die womöglich erste Berührung „Europas“ mit dem, was wir heute Indien nennen, geht auf die Expansionsbestrebungen Alexanders des Großen zurück. 326 vor Christus scheiterte sein Indienfeldzug nicht zuletzt am heftigen Monsunregen. In den folgenden Jahrhunderten prägten zahlreiche Dynastien die Region, die mit wechselnden religiösen Einflüssen (Buddhismus, Brahmanismus, Hinduismus, Islam) verknüpft waren. Eine letzte islamische Blütezeit war das Mogulreich, das vor allem im 16. und 17. Jahrhundert weite Teile des indischen Subkontinents umspannte, bis der letzte regierende Großmogul 1858 von der britischen Kolonialmacht abgesetzt wurde.

Britisch-Indien

Die Machtübernahme Großbritanniens begann zunächst schleichend und ist eng verknüpft mit der Expansion der Britischen Ostindien-Kompanie. Dieser Handelsgesellschaft gelang es bereits im ausgehenden 17. Jahrhundert, den lukrativen Handel zwischen Europa und Indien unter ihre Kontrolle zu bringen. Die Ostindien-Kompanie deckte den europäischen Bedarf an Baumwolle, Seide, Tee und anderen begehrten Naturprodukten und baute ihr Monopol auch mit militärischer Gewalt aus. Nachdem das Mogulreich weitgehend zerfallen war, kam es ab 1857 zu einem letzten großen Aufstand gegen die Kolonialherrschaft, dem so genannten Sepoy-Aufstand.

Nach dem Sieg der Europäer wurde die Ostindien-Kompanie aufgelöst und das Reich formell in eine britische Kronkolonie umgewandelt. Britisch-Indien umfasste in seiner größten Ausdehnung nicht alleine das heutige indische Territorium, sondern zusätzlich Pakistan, Bangladesch, Sri Lanka (früher Ceylon) und Myanmar (früher Birma). Es erstreckte sich etwa vom 60. bis zum 100. östlichen Längengrad. Noch heute wirkt es erstaunlich, wie Großbritannien mit Hilfe einer recht dünnen Schicht von Offizieren und Verwaltungsbeamten Britisch-Indien unterwerfen, regieren und wirtschaftlich ausbeuten konnte.

Matahma Gandhi
Matahma Gandhi – Quelle: gemeinfrei

Langer Weg in die Unabhängigkeit

Vorangetrieben wurden die indischen Unabhängigkeitsbestrebungen von zwei Organisationen: dem hinduistisch dominierten Indischen Nationalkongress und der Muslimliga. Über viele Jahrzehnte fußte der Widerstand gegen die britische Kolonialmacht vorwiegend auf friedlichen Mitteln. Eng verbunden mit dieser Phase ist der Name Mahatma Gandhi, einer charismatischen Führerpersönlichkeit, die noch heute in Indien verehrt wird. Trotz allem dauerte es bis 1947, als Gandhis Strategie aufging und Indien in die Unabhängigkeit entlassen wurde.

Bis auf den heutigen Tag hat der britische Einfluss den „Subkontinent“ nachhaltig geprägt. In den indischen Großstädten lebt eine wohlhabende Ober- und Mittelschicht, die sich an „westlichen“ Bildungs- und Kulturidealen orientiert. Englisch ist neben Hindi die zweite offizielle Amtssprache, die weiterhin in Wirtschaft, Verwaltung sowie im Bildungssystem dominiert. Auch in der Kolonialarchitektur vieler indischer Städte ist der britische Einfluss gleichsam verewigt.

Die zwei Pakistans

Ein britisches Vermächtnis hat sich als besonders verhängnisvoll erwiesen: die Teilung des einstigen Britisch-Indien in die jetzige Republik Indien in der Mitte, die ab 1947 westlich und östlich von zwei Staatsgebilden namens Pakistan flankiert wurde. 1971 trennte sich Ost- von West-Pakistan und wurde unter dem Namen Bangladesch selbständig. Während die Nachbarschaft zwischen dem vorwiegend hinduistischen Indien und dem muslimischen Bangladesch vergleichsweise ruhig verläuft, strotzt die Beziehung zum ebenfalls muslimischen Nachbarn Pakistan (im Westen) vor Konfliktpotenzial. Streitfall zwischen Pakistan und Indien ist vor allem die Grenzziehung in der gebirgigen Kaschmir-Region. Schon mehrfach standen die Nachbarn am Rande eines Krieges – oder waren schon darüber hinaus.

Großmacht Indien?

Mit rund 1,4 Milliarden Einwohnern wird Indien in absehbarer Zeit China als bevölkerungsreichsten Staat ablösen. Dennoch ist Indien sicherlich keine wirtschaftliche Großmacht. Indische Produkte erobern nur in Ausnahmefällen die Weltmärkte und das Bruttoinlandsprodukt ist (gemessen an der Einwohnerzahl) durchaus bescheiden. Zwar erreichen indische Universitäten durchaus „Weltniveau“, aber die ausgebildeten Spezialisten wandern allzu häufig ins besser zahlende Ausland ab.

Dass Indien dennoch als Großmacht zählen muss, liegt nicht zuletzt an der Atombombe: Seit 1974 gilt Indien als Atommacht. Dies ist besonders brisant, da der verfeindete westliche Nachbar, Pakistan, ebenfalls über Atomwaffen verfügt. Indien leistet sich eines der höchsten Militärbudgets weltweit.

Wohin der indische Staat – immerhin eine parlamentarische Demokratie – steuern wird, wird vermutlich auch davon abhängen, inwiefern es gelingt innere Konflikte zu bearbeiten. Das Verhältnis der verschiedenen Religionen, der höchst unterschiedlichen Bundesstaaten, aber auch das indische Kastenwesen und die Stellung der Frauen birgt einiges an Potenzial, das eine Belastung für das Land werden kann (und de facto bereits ist). So wird dem derzeitigen Premierminister Narendra Modi von Kritikern vorgeworfen, Indien in einen Hindu-Staat umwandeln zu wollen.

Fazit für Spender

Unsere Bewertung – Spenden-Bedarf in Indien: mittel bis hoch. Vor allem die immer wieder auftretenden Naturkatastrophen kann der indische Staat kaum aus eigener Kraft bewältigen.

  • Neben einer dünnen Oberschicht und einen ausgeprägten Mittelschicht gibt es über 900 Millionen arme Inder. Bei diesen Menschen kommt das indische Wirtschaftswachstum nicht an.
  • Besonders arm ist die Landbevölkerung, deren Felder oft zu klein sind um rentabel zu sein. Daher wandern viele Menschen in die Großstädte ab, wo aber normalerweise in den Slums Endstation ist.
  • Die Kindersterblichkeit ist erschreckend hoch. Aber auch im späteren Leben erwartet viele Kinder keine Schulbildung, sondern Kinderarbeit auf Feldern und in Fabriken.
  • Mädchen und Frauen haben es besonders schwer. Sie bekommen seltener Zugang zu Bildung und werden gesellschaftlich wenig wertgeschätzt.
  • Zwar sind in Indien Benachteiligungen von Menschen „niederer Kasten“ verboten, allerdings steht die Gleichheit oft nur auf dem Papier. Problematisch erscheint auch die Politik von Premierminister Narendra Modi, die offenbar Hindus gegenüber anderen Religionsgruppen bevorzugt.
  • Die Coronakrise traf vor allem arme Bevölkerungsgruppen sehr hart. Ausgangssperren und andere Maßnahmen zum Infektionsschutz beschnitten die ohnehin kargen Arbeitseinkommen.
  • Bei Naturkatastrophen (wie Wirbelstürmen, Erdbeben oder Dürren) kann die angespannte Versorgungslage schnell eskalieren. Vor allem die Gefahr von heftigen Monsun-Überschwemmungen ist ständig präsent, erfordert Spenden und schnelle Hilfe.

Beim Spendenratgeber fairhelfen.de sind außerdem die indischen Nachbarstaaten Pakistan, Nepal und Bangladesch aufgeführt.

Spenden für Indien