Die internationale Katastrophenhilfe steht besonders im Blickpunkt der Medienöffentlichkeit. Zu diesen dramatischen Anlässen ist die Spendenbereitschaft oft sehr hoch.

Scheinbar aus dem Nichts heraus bringen Naturkatastrophen Menschen überall auf der Welt in Bedrängnis. Erdbeben, Stürme, Überschwemmungen und Dürren erzeugen eine akute Not, die internationale Spenden und schnellstmögliche Hilfslieferungen erfordert. Unterstützt von öffentlichen Appellen in den Massenmedien, können Spendensammlungen schon innerhalb kurzer Zeit recht erfolgreich sein.

Hilfslieferung nach dem Erdbeben in Haiti 2010
Hilfslieferung nach dem Erdbeben in Haiti 2010 – Quelle: gemeinfrei

Wichtigste Arten von Katastrophen

Die mit Abstand häufigsten und folgenreichsten Naturkatastrophen sind Erdbeben. Mehrere Hundert Millionen Menschen leben in erdbebengefährdeten Gebieten rund um unseren Globus. Besonders hoch ist das Risiko entlang des „Pazifischen Feuerrings“, einer speziellen geologischen Zone, die rund um den Pazifischen Ozean verläuft. Die dort befindlichen Länder wie Indonesien, Japan, USA und Chile werden regelmäßig von leichten und schweren Erdbeben getroffen. Besonders verheerend wirkte das Erdbeben in Indonesien im Jahr 2004, als über 200.000 Menschen starben. Typisch war dabei, dass die häufigste Todesursache das Ertrinken darstellte: Der vom Beben ausgelöste Tsunami töte weit mehr Menschen als beispielsweise einstürzende Gebäudeteile.

Durchaus ähnliche Folgen haben schwere Wirbelstürme: Sie können gewaltige Flutwellen auslösen, die im schlimmsten Fall – wie 2008 in Myanmar – mehr als 100.000 Menschen töten. Von Wirbelstürmen besonders gefährdet sind Südostasien, der pazifische Raum sowie der Golf von Mexiko in Mittelamerika (Karibik, Südküste der USA). Im Jahr 2005 traf der Hurrikan Katrina die südlichen Bundesstaaten der USA und richtete immense Schäden an.

Heftige Überschwemmungen können aber auch die Folge von ungewöhnlich intensiven Regenfällen sein. Im Gegensatz zu Erdbeben kommt diese Art der Naturkatastrophe nicht ganz so plötzlich, sondern verschärft sich im Laufe einiger Tage. Daher können typischerweise die meisten Menschen ihr Leben retten, verlieren aber ihr Hab und Gut in den Fluten. Ein Beispiel ist die Flutkatastrophe in Pakistan im Jahr 2010, die weniger als 2000 Menschen tötete, aber Millionen von Obdachlosen hinterließ.

Eine vierte folgenschwere Naturkatastrophe ist die Dürre, also das Ausbleiben der üblichen Niederschlagsmenge über einen längeren Zeitraum (wie in Ostafrika und dem Jemen 2017). Die Folgen für die Menschen sind sowohl direkt (versiegende Brunnen) als auch indirekt (Missernten, sterbendes Vieh) bedrohlich. Geographischer Schwerpunkt ist das Afrika an den Grenzsäumen der Wüsten und Trockensavannen. Aufgrund ihres besonderes Charakters lassen sich Dürrekatastrophen besonders gut vorhersehen, bedürfen aber einer vergleichsweise langfristigen Katastrophenhilfe – wenigstens bis zur nächsten erfolgreichen Ernte.

Andere Katastrophen wie Vulkanausbrüche oder Chemieunfälle spielen statistisch betrachtet eher eine untergeordnete Rolle.

Natürliche Katastrophen?

Auf den ersten Blick scheint die Lage zweifelsfrei: Naturkatastrophen sind ein unabwendbares Schicksal. Bei differenzierter Betrachtung offenbart sich aber Zweierlei:

  1. An Ausmaß und Häufigkeit vieler Katastrophen trägt der Mensch mindestens eine Mitschuld.
  2. Die messbaren Folgen sind in der Regel umso größer, je ärmer die betroffene Bevölkerung ist.

Während Erdbeben und Vulkanausbrüche unabhängig von menschlichem Wirken entstehen, besteht ein signifikanter Zusammenhang zwischen kaum kontrollierter Industrialisierung und globaler Erwärmung. Insbesondere steht der Mensch in dringendem Verdacht, die Entstehung extremer Wetterphänomene wie schwere Stürme, heftige Regenfälle und lang anhaltende Dürren zu begünstigen. Überweidete Ackerflächen geben den Boden der Erosion preis, begradigte Flüsse und andere Umweltsünden begünstigten Überschwemmungen.

Ganz offensichtlich ist der direkte Zusammenhang zwischen Armut und Katastrophenrisiko. Das Erdbeben von Nepal 2015 konnte nur deshalb so große Zerstörungen anrichten, weil die meisten Gebäude – trotz der bekannten Gefahr – mit einfachsten Mitteln und Materialien errichtet worden waren. Viele Häuser konnten den Erdstößen keinerlei Widerstand entgegen setzen, weil ihren Besitzern schlicht das Geld fehlte, einen wirksamen Erdbebenschutz zu bezahlen. Ein Erdbeben derselben Magnitude (Stärke) wie in Nepal hätte im reichen und hochtechnisierten Japan vermutlich kaum sichtbare Schäden angerichtet.

Selbst eine schwere Dürre hätte in einem Industrieland lediglich finanzielle Auswirkungen: Beim Ausbleiben einer Ernte würden die fehlenden Nahrungsmittel auf den internationalen Märkten zugekauft. Ganz anders in Afrika und anderen armen Weltregionen: Hier haben die betroffenen Menschen weder die finanziellen Mittel noch die logistischen Möglichkeiten, der Nahrungskrise zu entgehen. Armut tötet.

Handlungsfelder der internationalen Katastrophenhilfe

Bei den meisten Naturkatastrophen stellt sich für die Helfer ein Bündel an Anforderungen. Oft fehlt es in den Krisengebieten an Nahrungsmitteln, Trinkwasser, Medikamenten, Sanitärartikeln und vielem mehr.

  • Trinkwasser. Dies ist nicht nur bei Dürren eine Kernaufgabe. Erdbeben und Überflutungen zerstören Wasserleitungen, Brunnen und Speicher. Vorhandene Wasserreserven werden oft mit Bakterien verseucht und sind daher ungenießbar. Bis die kontinuierliche Wasserversorgung wieder hergestellt ist, muss die Bevölkerung beispielsweise mit Tankfahrzeugen und Kanistern versorgt werden.
  • Nahrungsmittel. Neben Trinkwasser sind meist auch Nahrungsmittel knapp, insbesondere Kindernahrung. Oft sind die Vorräte vernichtet und Versorgungswege unterbrochen. Hier ist schnelle Hilfe und notfalls eine Versorgung aus der Luft gefragt. Negative Sekundäreffekte können sich dadurch ergeben, dass die von der Katastrophe betroffenen Bauern ihre Felder nicht bestellen können und die Nahrungskrise mittelfristig fortbesteht.
  • Medikamente und ärztliche Hilfe. Viele Regionen dieser Welt verfügen bereits im Normalfall über zu wenige Ärzte, Krankenhäuser und medizinische Ausstattung. Für Katastrophen reichen die Kapazitäten keinesfalls aus. Es fehlt an Verbandsmaterial, Antibiotika, Impfstoffen usw. Hier müssen schnell internationale Helfer einspringen. Gefragt sind in diesem Zusammenhang nicht nur Geld- und Sachspenden, sondern auch Zeitspenden von Ärzten, Krankenschwestern und anderem qualifiziertem Personal.
  • Kleidung und Decken. Wenn Menschen schnell ihre Wohnung verlassen müssen, können sie oft nicht einmal das Nötigste mitnehmen. Daher fehlt es an Kleidung für Kinder und Erwachsene. Gerade wenn die Betroffenen eine Zeitlang im Freien übernachten müssen, sind warme Decken überlebenswichtig. Auch in südlichen Ländern kann es nachts empfindlich kühl werden.
  • Zelte. Ein typisches Bild aus Katastrophenregionen sind Zeltlager bzw. ganze „Zeltstädte“, die für die Überlebenden errichtet werden. Zelte haben den Vorteil, dass sie schnell und flexibel aufgebaut werden können. Außerdem sind sie leicht im Transport, wieder verwendbar und verhältnismäßig kostengünstig. Leider entwickeln sich manche Zeltstädte zu dauerhaften Einrichtungen, wenn der Wiederaufbau fester Häuser zu langsam voranschreitet.
  • Infrastruktur. Erdbeben und Stürme zerstören in der Regel auch einen erheblichen Teil der Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur. Beides ist aber sehr wichtig, um die Krise zu bewältigen und muss daher mit hoher Priorität repariert werden.

Katastrophenhilfe – wer braucht Spenden?

Bei Naturkatastrophen schlägt in der Regel die Stunde der großen Hilfsorganisationen. Um eine funktionierende Versorgungskette zwischen Deutschland und einem weit entfernten Katastrophengebiet zu errichten, sind große personelle und logistische Kapazitäten sowie eine hohe Erfahrung mit Kriseneinsätzen notwendig. Dies kann eine kleine Organisation – die ansonsten sehr gute Arbeit leistet – kaum ermöglichen.

Welche Spendenorganisation im konkreten Fall vor Ort tätig wird, hängt auch von den bisherigen Arbeitsschwerpunkten ab. Verfügt eine Einrichtung bereits über Stützpunkte in einem betroffenen Land, kann sie schnelle die notwendigen Maßnahmen vor Ort einleiten.

Unsere Tipps:

  • Vergessen Sie über die – sicherlich sinnvolle – Spendenbereitschaft in Katastrophenfällen bitte nicht die vielen anderen, vielleicht weniger spektakulären Hilfsprojekte, die fortlaufend Ihre Unterstützung brauchen.
  • Große Spendenorganisationen haben in der Regel für Katastropheneinsätze finanziell vorgesorgt. Die Spendenaufrufe haben daher vor allem den Zweck, die entsprechenden Kassen liquide zu halten. Wenn eine Organisation den Eindruck erweckt, in einem akuten Fall zahlungsunfähig zu sein, dürfen Sie als Spender kritisch nachfragen.
  • Internationale Großeinsätze verlangen eine schlagkräftige Organisation, die auch im Einsatzgebiet präsent ist. Hier sind in der Regel große, langjährig erfahrene Einrichtungen erfolgreicher als kleine Initiativen – von begründeten Ausnahmen abgesehen.

Ausgewählte Katastrophen des 20. und 21. Jahrhunderts (ohne Hungersnöte)

  • 28. September 2018: Sulawesi-Erdbeben in Indonesien
    Tsunami fordert über 4.300 Todesopfer
  • 25. April 2015: Erdbeben in Nepal
    Epizentrum nordwestlich von Kathmandu – etwa 8.800 Todesopfer
  • 8. November 2013: Sturmkatastrophe auf den Philippinen
    Taifun „Haiyan“ wütet auf der Insel Leyte – 8.000 bis 10.000 Tote
  • 11. März 2011: Erdbeben, Tsunami und Reaktorkatastrophe Fukushima
    Tōhoku-Erdbeben, Magnitude 9,0 – insgesamt über 19.000 Tote
  • 27. Juli 2010: Flutkatastrophe in Pakistan
    Überschwemmungen am Indus – „nur“ 1.700 Tote, aber über 14 Millionen Betroffene
  • 12. Januar 2010: Erdbeben in Haiti
    Bei Port-au-Prince, Magnitude 7,0 – 315.000 Tote
  • 12. Mai 2008: Erdbeben in China
    In der Provinz Sichuan, Magnitude 7,9 – etwa 87.000 Tote
  • 8. Oktober 2005: Erdbeben in Pakistan
    In der Region Kaschmir, Magnitude 7,6 – 87.000 Tote
  • 25. August 2005: Hurrikan Katrina
    Sturmkatastrophe im Süden der USA – rund 1.800 Tote, über 100 Milliarden Dollar Schäden
  • 26. Dezember 2004: Erdbeben und Tsunami Indonesien
    Vor allem Insel Sumatra, Magnitude 9,1 – 230.000 Tote
  • 26. Dezember 2003: Erdbeben im Iran
    Bei der Stadt Bam, Magnitude 6,6 – 31.000 Tote
  • 26. Januar 2001: Erdbeben in Indien
    Bundesstaat Gujarat, Magnitude 7,7 – 20.000 Tote
  • 17. August 1999: Erdbeben in der Türkei
    Bei Izmit, Magnitude 7,6 – etwa 18.000 Tote
  • 20. Juni 1990: Erdbeben im Iran
    Bei der Stadt Rasht, Magnitude 7,7 – bis zu 50.000 Tote
  • 7. Dezember 1988: Erdbeben in Armenien
    Bei der Stadt Spinak, Magnitude 6,8 – 25.000 Tote
  • 26. April 1986: Atomkatastrophe von Tschernobyl
    Reaktorexplosion in der Ukraine – Anzahl der Toten umstritten, insgesamt mehrere Millionen Betroffene
  • 11. September 1985: Vulkanausbruch in Kolumbien
    Ausbruch des Nevado del Ruiz – etwa 23.000 Tote
  • 3. Dezember 1984: Chemieunfall von Bhopal / Indien
    Freisetzung giftiger Chemikalien – mindestens 3.800 Tote, mehrere Hunderttausend Verletzte
  • 16. September 1978: Erdbeben im Iran
    Bei der Stadt Tabas, Magnitude 7,8 – 25.000 Tote
  • 28. Juli 1976: Erdbeben in China
    Bei der Stadt Tangshan, Magnitude 7,5 – geschätzt bis zu 800.000 Tote
  • 4. Februar 1976: Erdbeben in Guatemala
    in Mittelamerika, Magnitude 7,5 – knapp 23.000 Tote
  • 8. August 1975: Staudammbruch in Henan / China
    Flutwelle nach Bruch des Banqiao-Staudamms – mindestens 26.000 Tote
  • 10. Mai 1974: Erdbeben in China
    In der Provinz Yunnan, Magnitude 7,1 – geschätzt bis zu 20.000 Tote
  • 12. November 1970: Zyklon „Bhola“ in Ostpakistan
    in Westbengalen und dem heutigen Bangladesch – mindestens 300.000 Tote
  • 31. Mai 1970: Erdbeben in Peru
    Bei der Stadt Chimbote, Magnitude 7,9 – 67.000 Tote
  • 5. Oktober 1948: Erdbeben in Turkmenistan
    Bei Aschchabad, Magnitude 7,2 – geschätzt bis zu 110.000 Tote
  • 26. Dezember 1939: Erdbeben in der Türkei
    Bei der Stadt Erzincan, Magnitude 8,0 – 32.000 Tote
  • 25. Januar 1939: Erdbeben in Chile
    Bei der Stadt Chillán, Magnitude 8,3 – 28.000 Tote
  • 30. Mai 1935: Erdbeben in Pakistan
    In Belutschistan, Magnitude 7,5 – 30.000 Tote
  • 1. Juli 1931: Flutkatastrophe in China
    Überschwemmungen am Huang He, genaues Datum unklar – bis zu vier Millionen Tote
  • 20. Mai 1927: Erdbeben in China
    Provinz Gansu, Magnitude 7,6 – 41.000 Tote
  • 1. September 1923: Erdbeben und Brandkatastrophe in Japan
    „Großes Kantō-Erdbeben“ löst Großbrand in Tokio aus, Magnitude 7,9 – 143.000 Tote
  • 16. Dezember 1920: Erdbeben in China
    „Gansu-Erdbeben“ im Kreis Haiyuan, Magnitude 7,8 – 200.000 Tote
  • 15. Januar 1915: Erdbeben in Italien
    Bei Avezzano in den Abbruzen, Magnitude 7,5 – 30.000 Tote
  • 28. Dezember 1908: Erdbeben in Italien
    In Messina, Magnitude 7,2 – bis zu 110.000 Tote
  • 4. April 1905: Erdbeben in Indien
    Westindien, Magnitude 8,6 – 20.000 Tote
  • 23. April 1902: Vulkanausbruch Martinique
    Ausbruch des Montagne Pelée auf der Karibikinsel – etwa 29.000 Tote
Katastrophenhilfe