Jeder kennt diese Bilder: da klopfen alte Frauen mit kalkigen Gesichtern Steine, sammeln Kinder verwertbare Müllreste oder schuften asiatische Gastarbeiter wie Sklaven in der arabischen Emiraten. Dies ist die tägliche Arbeitsrealität von Abermillionen Menschen auf der Welt. Der Welttag für menschenwürdige Arbeit will an diese Schicksale erinnern und den Weg in eine bessere Zukunft weisen.

Was ist eigentlich menschen(un)würdig?
Dieser spezielle Welttag, der jährlich am 7. Oktober begangen wird, wurde vom Internationalen Gewerkschaftsbund initiiert. Der gewerkschaftliche Hintergrund erklärt auch eine besondere Definition „guter“ Arbeitsbedingungen, zu denen beispielsweise soziale Absicherungen und „hochwertige“ Dienstleistungen zählen. Letztlich ist die Frage, welche Arbeitsbedingungen tolerabel und welche menschenunwürdig sind, von den jeweiligen kulturellen Kontexten abhängig. Was in der einen Gesellschaft als Ausbeutung gelten mag, stellt in einer anderen Gesellschaft eine weithin akzeptierte Praxis dar. Davon abgesehen gibt es sicherlich Arbeitsformen, die keinen Interpretationsspielraum bieten und folglich keine Toleranz erlauben.
Zu einer weit gefassten Definition nicht menschenwürdiger Arbeit zählt:
- Kinderarbeit: Rund 200 Millionen Kinder unter 15 Jahren müssen arbeiten und so das karge Familieneinkommen aufbessern. Dabei ist Kinderarbeit mehr als die gelegentliche Mithilfe im elterlichen Betrieb. Eine Kindheit, in der statt Bildung und Spiel die (körperliche) Anstrengung dominiert, verbaut den Betroffenen viele Zukunftschancen.
- Sklavenarbeit: Auch die Sklaverei ist keine Angelegenheit vergangener Epochen. Etwa 40 bis 50 Millionen Menschen auf der Welt sollen unter den Bedingungen persönlicher Unfreiheit leben und arbeiten müssen. Dazu zählen zum Beispiel Zwangsprostituierte und zahlreiche illegale Arbeitskräfte in Landwirtschaft und Fischerei. Diese Menschen haben oft keine gesetzlichen Ausweispapiere und sind der völligen Willkür der „Arbeitgeber“ ausgesetzt.
- Fehlende soziale Sicherheit: Deutsche Arbeitnehmer sind in der Regel kranken- und rentenversichert, und auch für Arbeitslose bestehen soziale Sicherungssysteme. Mögen diese Systeme noch so brüchig und ungerecht sein – in vielen Ländern dieser Welt fehlen sie vollständig. Wer dort krank oder alt wird, muss trotzdem weiter arbeiten, betteln oder hungern.
- Mangelhafter Arbeitsschutz: Viele Arbeitsplätze dieser Welt gefährden potenziell die Gesundheit. Ohne Gesichtsmaske atmen Arbeiter gefährliche Dämpfe ein, ohne Hand- und Arbeitsschuhe werden schwere Unfälle wahrscheinlicher, ohne Ohren- und Augenschutz sind die sensiblen Organe unkontrollierten Belastungen ausgesetzt.
- Ausnutzung von Scheinselbständigen: Statt Arbeitnehmer für ihre Leistung gerecht zu entlohnen, werden viele Menschen in die Scheinselbständigkeit gedrängt. Aus dem angestellten und sozial abgesicherten Werksfahrer wird so der unterbezahlte „Fuhrunternehmer“. Auch die zunehmend digitale Arbeitsrealität erzeugt solche Abhängigkeitsverhältnisse.
- Ungleichbehandlung von Frauen: In vielen Gesellschaften wird die härteste Arbeit von Frauen geleistet – aber sehr schlecht bezahlt. Dass Frauen auch bei gleicher Leistung oft weniger Geld verdienen als ihre männlichen Kollegen, wurde in vielen Studien nachgewiesen. Was in der Industrienation Deutschland noch als Luxusproblem erscheinen mag, steigert sich in anderen Weltregionen zur existenzbedrohenden Ungerechtigkeit.
Menschenunwürdig sind also alle Arbeitsformen, die ungerecht entlohnen, elementare persönliche Freiheiten beschneiden, das physische oder psychische Wohlbefinden des Menschen verletzen können.