Manche Spendenorganisationen vermitteln armen Haushalten Kredite in kleinem Rahmen – so genannte Mikrokredite. Diese Kredite sollen helfen, zusätzliches Einkommen zu schaffen.
Vor allem in Südasien (Indien und Bangladesch), aber auch in Entwicklungsländern in anderen Teilen des Welt, sind Mikrokredite heutzutage weit verbreitet. Die Gelder werden oft von spezialisierten Mikrofinanzinstituten vergeben und haben ein Volumen von wenigen Hundert oder Tausend Euro. Die Empfänger hätten – mangels banktauglicher Sicherheiten – auf dem freien Kreditmarkt kaum eine Chance, günstige und seriöse Darlehen zu bekommen.
Vielseitig einsetzbar und erfolgreich
Die Kredite müssen versinst zurückgezahlt werden und sollen vorwiegend der Existenzgründung von kleinen Gewerbebetrieben dienen oder mehr Bildung (Schulbesuch) ermöglichen. Wie die Praxis zeigt, dienen die Kredite aber auch anderen Zwecken, zum Beispiel der Überbrückung von Krankheitsausfällen. Die Rückzahlungsquote dieser Mikrokredite ist recht hoch, was angesichts der prekären Lage vieler Kreditnehmer überraschen mag. In manchen Fällen gelingt die Rückzahlung allerdings nur durch Umschuldung, also nicht durch eine gestiegene Bonität.
Grenzen und Probleme von Mikrokrediten
Während die Rückzahlungsmodalitäten der Kleinkredite oft recht günstig gestaltet sind, stellen die geforderten Kreditzinsen eine erhebliche Belastung dar. Jahreszinsen von 20 bis 50 Prozent sind keine Seltenheit. Die mexikanische Compartamos Bank sorgte mit Zinssätzen von bis zu 195 Prozent für negative Schlagzeilen.
Gerade die hilfsbedürftigsten – weil ärmsten – Bevölkerungsschichten bleiben vom Instrument der Mikrokredite weiterhin ausgeschlossen. Aus Sicht der Finanzinstitute sind diese Menschen auch unter den besonderen Bedingungen der Mikrofinanz nicht kreditwürdig. Die marktwirtschaftliche Kreditvergabe muss sich nämlich unter dem Strich lohnen – und ist eben keine reine Wohltätigkeit.
Weitere Leistungen der Mikrofinanz
Es gibt zahlreiche Bestrebungen, gerade den armen Menschen in den Ländern des Südens weitere (Mikro-)Finanzprodukte zur Verfügung zu stellen:
- Sparkonten (Micro Savings)
- Versicherungen
- Alterssicherung
- Geldtransfer
Spezialisierte Mikrofinanzinstitute ermöglichen den Menschen, die ansonsten vom Finanzmarkt ausgeschlossen wären, Sparkonten anzulegen, sich gegen Risiken zur versichern und fürs Alter vorzusorgen. Auf diese Weise lassen sich – jedenfalls in der Theorie – breite Bevölkerungsschichten in den Finanzmarkt einbinden und regionale Wirtschaftskreisläufe verstärken: Wer einen Mikrokredit aufnimmt und mit seiner Hilfe einen bescheidenen wirtschaftlichen Erfolg erzielt, kann nun die Gewinne ansparen und den persönlichen Wohlstand Schritt für Schritt steigern. Das Sparkonto ist eine Reserve für Notzeiten und ermöglicht größere Investitionen, zum Beispiel in die Bildung.
Diese Ideen sind keineswegs neu: Nach einem ähnlichen Prinzip agierten schon genossenschaftliche Kreditinstitute in Deutschland seit dem 19. Jahrhundert. Damit leisteten sie einen realen Beitrag zur Armutsverminderung. Als Instrument zur internationalen Armutsbekämpfung wurde das Mikrofinanzwesen insbesondere in den 1990er-Jahren entdeckt. Unter anderem die Welthungerhilfe trieb die konzeptionelle Entwicklung nun voran. Im Jahr 2006 wurde Idee der Mikrokredite in besonderer Weise „geadelt“, da die Grameen Bank in Bangladesch und ihr Gründer Muhammad Yunus den Friedensnobelpreis erhielten. Viele europäische Finanzinstitute sind in dem „European Microfinance Network“ (EMN) zusammengeschlossen.
Vergleichsweise neu sind Mikroversicherungen. Erste Initiativen, auch Lebensrisiken der Landbevölkerung, wie beispielsweise Trockenzeiten, finanziell beherrschbarer zu machen, wurden vor einigen Jahren auf den Weg gebracht. Im Jahr 2010 wurde der erste internationale Mikroversicherungsfonds aufgelegt. Größte Herausforderung für diese Versicherungen ist es, die Beiträge möglichst gering zu halten.
Fazit: Ob sich das Instrument der Mikrokredite bewährt, hängt stark von der Betrachtung des Einzelfalls ab. Manchmal grenzt die Kreditvergabe an Wucher, während sie in anderen Fällen tatsächlich ökonomische Perspektiven eröffnet. Problematisch ist weiterhin, dass die ärmsten Bevölkerungsteile von der Kreditvergabe ausgeschlossen bleiben und die ökonomischen Langfristeffekte zur Armutsbekämpfung unter Experten umstritten sind. In den letzten Jahren wurde die reine Kreditvergabe zunehmend durch weitere Finanzprodukte, vor allem Sparkonten, sinnvoll ergänzt.