Manchmal ist es gut, mit dem Schwarm zu schwimmen (und zu spenden). Das gilt vor allem dann, wenn bei Katastrophen akute Hilfe geleistet werden muss. In vielen Fällen ist es aber noch besser, antizyklisch zu helfen. Denn gerade dort, wo gerade niemand hinguckt, ist die Not oft am größten.
In unserer Gesellschaft wird auch die Spendenbereitschaft (meist willentlich, gelegentlich unabsichtlich) von den Massenmedien gesteuert. Wenn die wichtigen Fernsehsender über ein Land, ein regionales Problem oder eine bestimmte Hilfsorganisation berichten, steigen die Spenden für diesen Zweck bzw. diese Organisation naturgesetzmäßig steil an. Auch in Zeiten von Social News und sozialen Netzwerken ist die Macht der klassischen Medien kaum gebrochen. Dies mag ein Glück sein für die betroffenen Menschen, deren Schicksal so in den Mittelpunkt rückt – kann aber für andere Menschen zum konkreten Nachteil werden. Obwohl die Spendenbereitschaft der Deutschen in den letzten Jahren tendenziell gestiegen ist, sind Spendengelder nicht beliebig vermehrbar.
Wer also zu einer gewissen „Spendengerechtigkeit“ beitragen möchte, kann sich folgende Fragen stellen:
- In welchen Ländern leiden Menschen seit Jahren vor sich hin, ohne dass die Weltöffentlichkeit davon Notiz nehmen würde?
- Welche Kriege oder Konflikte laufen bereits so lange, dass sie in der übrigen Welt in Vergessenheit geraten sind?
- Welche kulturellen, ethnischen oder religiösen Minderheiten leiden auch in (scheinbar) reichen Ländern Not?
- Wo ist ein strukturelles Problem eventuell nur kurzzeitig überdeckt, die Zukunftsprognose aber düster?
- Welche Spendenzwecke sind bei vielen Spendern generell eher unpopulär (Stichwort Behindertenhilfe)?
Solche Konstellationen lassen sich natürlich nicht immer leicht recherchieren. Eine gute Hilfe sind – bei allen Grenzen der Aussagekraft – die internationalen Statistiken zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung. Halbwegs belastbare Zahlen finden sich in der Regel im Fischer Weltalmanach (der leider 2018 eingestellt wurde), bei Wikipedia, in den Statistiken der Weltbank oder auch im CIA World Factbook. Wichtige Indizien sind Analphabetenrate, Säuglingssterblichkeit, kaufkraftbereinigtes Pro-Kopf-Einkommen, Zugang zu sauberem Trinkwasser, Ärzte pro Einwohner und vieles mehr. Eine gute Zusammenfassung verschiedener Faktoren ist der Human Development Index. Hinter jeder anonymen Zahl verbergen sich individuelle Schicksale.